Ergotherapie
Wahrnehmungstherapie nach Affolter (Das St. Galler Modell)


Dr. Félicie Affolter, Gründerin des Sankt Galler Zentrums für Wahrnehmungsstörungen hat diese Methode zur Behandlung wahrnehmungsgestörter Menschen erforscht, entwickelt und publiziert. Seit mehr als 20 Jahren hat das Konzept einen etablierten Platz in der Literatur und Praxis der Therapie bei Kindern (und in der Rehabilitation Erwachsener) erworben.


Was ist Wahrnehmung?
Wahr-nehmung
heißt
etwas Wahres nehmen

Ich nehme die Tasse in meine Hände.
Etwas, das meinen Bewegungen Widerstand entgegensetzt.
Die Kinder brauchen Wirklichkeit, realistische Alltagssituationen, die taktil-kinästhetisch erfahrbar sind. Kinder wollen mit den wahren Dingen ihrer Umwelt handeln und Probleme lösen.
Wird die Milch ausfließen, wenn ich die Tasse umdrehe?
Problemlösende Alltagsgeschehnisse bilden die Wurzeln der Entwicklung, des Erkennens, des Verstehens und Lernens.
Wahrnehmung in diesem Sinne ist etwas sehr Komplexes.
Die Fähigkeit, zu lernen und sich ständig an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, setzt intakte Wahrnehmungsprozesse voraus.
Die Wahrnehmung umfaßt alle Mechanismen, die an der Verarbeitung der Reize einer gegebenen Situation beteiligt sind, einschließlich der verschiedenen Speichersysteme und der Wiedererkennungsleistungen.
Im täglichen Leben müssen wir von morgens bis abends ständig Probleme lösen und Entscheidungen treffen, um uns an Veränderungen, Ereignisse und die Menschen in unserer Umwelt anzupassen.
Affolter stellt die taktil-kinästhetische Wahrnehmung - das Spüren - in den Mittelpunkt. Schon Babys begreifen mit dem ganzen Körper, mit dem Mund, den Lippen, mit den Händen.
Später werden zielgerichtete Handlungsfolgen ausgeführt, auf die sich Sprachverständnis und Sprache aufbauen.



Welche Symptome einer Wahrnehmungsstörung (taktil-kinästhetisch) können mit der Therapie nach Affolter behandelt werden?

Im Säuglingsalter:
 

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Saug- und Schluckbeschwerden,

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Schlafrhythmusstörungen,

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Reaktion auf unvertraute Situationen mit Unruhe oder Inaktivität,

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Körper- und Mund-Lippenbewegungen nicht zielorientiert genug,

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Verzögerung in der Greifentwicklung,

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verspätete/gestörte Hand-Auge-Koordination,

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Diskrepanz in der Qualität von -schauen und horchen- zu -greifen und bewegen-.
 


Im Kleinkind- und Schulalter:
 

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Konzentrationsschwäche,

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Kinder reagieren inaktiv, passiv oder unruhig, flüchtig,

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Lernen über Ausprobieren (Ursache -> Wirkungen) gestört,

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Schwierigkeiten bei der Bewältigung alltäglicher Situationen.

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Bekannte Tätigkeiten können ausgeführt werden, aber Versagen bei veränderten/unvertrauten Handlungen.

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Handlungen, die längere Reihenfolgen verlangen, bereiten Probleme.

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Reden über Funktionen, die aber nicht umgesetzt werden können in Handlungen.

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Sprachentwicklung kann sehr verspätet, verlangsamt, gestört sein.

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Lernstörungen


Wem fällt was auf?
Eltern, Erziehern, Lehrern

Wer diagnostiziert eine Wahrnehmungsstörung?
KinderärztInnen bei den Vorsorgeuntersuchungen
 
Wie sieht die Behandlung einer TherapeutIn nach dem Affolter Konzept aus?
Therapie findet in Räumen statt, die alltägliche Strukturen aufweisen (Küche, Werkraum, Spielraum etc.).
Die Affolter-Therapie führt das Kind zum gezielten Handeln.
Der gesamte Körper wird bis zu den Fingerspitzen geführt, die Mundexploration wird besonders unterstützt.
Bekannte alltägliche Situationen werden neu gestaltet und bewältigt.
Das, was das Kind aufmerksam erlebt und begriffen hat, wird erzählt, gemalt oder aufgeschrieben.
 
Zielsetzung:
 

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Verbesserung der Konzentration und Aufmerksamkeit,

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Verbesserung der Auge-Hand-Koordination,

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Verbesserung der Feinmotorik,

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Verbesserung der Tonusregulation und der Körperhaltung,

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Verbesserung der gezielten Bewegungskoordination, um zu handeln,

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Verbesserung des Aktivitäts- und Handlungsniveaus,

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Verbesserung des Sprachverständnisses und der aktiven Sprachleistungen,

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Verbesserung der Reizverarbeitungskapazität,

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sich im Alltag zurechtfinden und sinnvoll agieren können.