Förderschwerpunkt:    Kognition

Aspekt: Entscheidungsfähigkeit, bewertendes Denken

 

Definition Denken:

 

Die Prozesse des Denkens sind charakterisiert durch die Aufnahme relevanter Informationen, ihre Fassung in Begriffe oder Symbole, ihre Analyse, Interpretation, Um- bzw. Neuordnung im Hinblick auf bisherige Erfahrungen, bestimmte Erwartungen und bestimmte Regeln sowie durch Schlußfolgerungen, durch Urteile (Bewertungen, Aussagen), Entscheidungen, den Entwurf von Handlungsplänen oder –absichten bzw. die Einleitung weiterer Erkundungsschritte und Überlegungen.

Zu den elementaren Denkoperationen zählen Erkennen, Wiedererkennen und Identifizieren (analytisches, schlussfolgerndes oder konvergentes Denken) und die Prüfung und anschließende Bewertung der Anwendbarkeit neuer Lösungswege (evaluatives Denken).

 

(vgl. Fröhlich, W.D. 1998. Wörterbuch Psychologie. Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co. KG, München, S. 115f)

 

 

Entscheidungsfähigkeit – eine psychologische Betrachtungsweise:

 

-          PITTMANN stellt fest, dass Selbstbestimmung auf Entscheidungsfreiheit gründet (Pittmann, 1996, S. 288). Selbstbestimmung ist damit einerseits Voraussetzung, andererseits das Ergebnis von Entscheidungen.

-          Entscheidungsfähigkeit erzeugt / fördert Verantwortlichkeit und Verantwortungsbewusstsein.

-          Die Schülerin / der Schüler muss verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten kennen und abwägen, welche zu vertreten und durchzusetzen im jeweiligen situativen Kontext sinnvoll sind (vgl. Fornefeld 1996, S. 173).

-          „Stress kann Prozesse des Problemlösens, der Urteilsbildung und der Entscheidungsfindung stören“ (vgl. Zimbardo 1992, ... Berlin: Springer-Verlag S. 485).

-          „Entscheidungsfindung ist der Prozess des Wählens zwischen Alternativen, das Auswählen und zurückweisen von Optionen“ (a.a.O., S. 317).

-          Urteilen ist der Prozess, durch den wir Meinungen bilden, zu Schlüssen gelangen und Ergebnisse auf der Basis verfügbaren Materials kritisch bewerten. Das Urteil ist das Resultat dieser kognitiven Aktivität [...] Auch die Prozesse des Schlussfolgerns und Urteilens können sich sowohl negativ als auch positiv auswirken“ (a.a.O., S. 317).

-           „Entscheidungen von Menschen hängen davon ab, in welchem Rahmen ein Entscheidungsproblem dargeboten wird“ (a.a.O., S. 321).

 

  

Konsequenzen für den förderschwerpunktorientierten Unterricht:

 

NIEHOFF-DITTMANN stellt fest, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung schnell Entscheidungen von Betreuern abgenommen werden, was von ihnen als schmerzhaft erlebt wird. (vgl. Niehoff-Dittmann 1996, S. 56). Die Entscheidungsabnahme bedeutet eine Beschneidung der Selbstbestimmung und verletzt damit den Leitgedanken der Geistigbehindertenpädagogik: „Selbstbestimmung in sozialer Integration“

 

 

Interventionsmaßnahmen:

 

-          Der Unterricht und die Freizeit muss von Schülern mitgestaltet werden können (Projektunterricht / vorhabenorientierter Unterricht)

-          Entscheidungsmöglichkeiten in allen Phasen des Unterrichts bieten

-          Folgen der Entscheidung dem Schüler verdeutlichen und erleben lassen (so weit wie möglich)

-          Kriterien für Entscheidungen erarbeiten

-          Welche äußeren Einflussfaktoren beeinflussen eine Entscheidung?

-          Wochenplan / Freiarbeit, projektorientierter Unterricht à offene Unterrichtsformen bieten in der Regel mehr Entscheidungsspielraum als geschlossene Unterrichtsformen

-          ...

 

 

Diagnostische Fragestellungen / Aspekte der Unterrichtsreflexion bezüglich des FÖSCH:

 

-          Gab es Entscheidungsmöglichkeiten?

-          Wurde eine Entscheidung oder wurden mehrere Entscheidungen vom Schüler getroffen?

-          Welche Einflusskriterien spielten eine Rolle (Suggestion, Zeitdruck...)?

-          Fordern sie Schülerinnen und Schüler Entscheidungsmöglichkeiten?

-          Anhand welcher Kriterien wurde eine Entscheidung getroffen (Qualität der Entscheidung / Bewusstsein über Konsequenzen)?

-          Welche Entscheidung wurde dem Schüler abgenommen und warum?

-          Biete ich als LehrerIn Entscheidungsmöglichkeiten? Welche? Wie oft? Wann?

-          Welche Unterrichtsmethode bietet Entscheidungsmöglichkeiten?

-          Welche Medien lassen Entscheidungsmöglichkeiten? (Wie interaktiv ist das computerunterstützte Lernprogramm?)

-          ...

 

Mögliche Vorhaben zu diesem Förderschwerpunkt:

-          „Wir richten uns eine Leseecke im Klassenzimmer ein“

§         Schüler entscheiden so selbständig wie möglich, wie sie gestaltet werden soll

§         Schüler entscheiden durch Abstimmung, wie die Details aussehen sollen

§         Schüler erarbeiten gemeinsam mit Lehrer Regeln, die das Verhalten in dieser Leseecke regeln

 

-          „Unsere Mitschülerinnen und Schüler Gabi, Willi und Okan werden entlassen – wir kümmern uns um die Abschiedsgeschenke“

§          Schüler überlegen sich Art der Geschenke und einigen sich auf diese

§         Schüler gestalten die Geschenke nach ihrem Geschmack

§         Schüler verpacken die Geschenke nach ihrem Geschmack

(Alternativ: Schüler gestalten so selbständig wie möglich die Entlassfeier)

 

-           ...