ERIKA SCHUCHARDT stellt in ihrem Buch ,,Soziale Integration Behinderter`` die Krisenverarbeitung als Lernprozeß in acht Spiralphasen dar. Das Besondere an der Spiralphase ist, daß die einzelne Phase nicht abgeschlossen ist, sondern in andere Phasen übergehen kann. In der Aufarbeitung von Biographien hat es sich gezeigt, daß Krisenabläufe generell nach diesen Spiralphasen ablaufen. Es ist allerdings auffallend, daß die einzelnen Spiralphasen einander ablösen, aber auch nebeneinander bestehen können.
Spiralphase 1: Ungewißheit
Der Krisenauslöser ist für den Betroffenen ein tiefer Schock, der ein geordnetes
Leben zerstören kann. Der Betroffene ist in einer Panik, und versucht, das
Problem zu verdrängen, da er nicht damit umgehen kann.
Spiralphase 2: Gewißheit
In dieser Phase sind die Betroffenen in der Lage, die Wahrheit zu erkennen,
allerdings leben sie weiterhin in der Hoffnung, daß sich alles noch für sie zum
Guten wendet. Diese Gespaltenheit ist ein wesentliches Merkmal dieser Phase.
Spiralphase 3: Aggression
Jetzt kann es zu schweren Gefühlsausbrüchen kommen, da dem Betroffenen hier das
Problem erst richtig ins Bewußtsein gelangt. Die Person ist sehr erschüttert und
kann nicht verstehen, warum sie gerade betroffen ist. In diesem Schmerz kann die
Person verletzend gegen sich selbst und andere sein, da sie versucht, den
Schmerz zu verarbeiten.
Spiralphase 4: Verhandlung
In dieser Situation versucht der Betroffene, sich mit aller Macht aus seiner Not
zu befreien, indem er alle Möglichkeiten ausnutzt (z.B. Konsultation vieler
Ärzte, Heilpraktiker, Wallfahrten, Gottesdienste). Dies ist eine emotionale
Phase, die nicht beeinflußbar ist, sie ist für den Betroffenen der letzte Funke
Hoffnung.
Spiralphase 5: Depression
In dieser Phase stellt der Betroffene fest, daß die Situation endgültig ist. Er
ist zutiefst deprimiert und sieht keinen Sinn mehr. Er erkennt emotional und
rational den Verlust, damit ist automatisch das Aufgeben der Wunschvorstellung
verbunden. Diese Trauerarbeit ist die Vorstufe für die Annahme der Situation.
Spiralphase 6: Annahme
Der Betroffene hat in dieser Situation alle Kampfphasen durchlitten, er ist
befreit von Leugnung, Aggression, Verhandlung und Depression. In diesem Moment
kommt es zur eigenen Erkenntnis, und er versucht, die Situation bzw. die
Probleme und Eigenarten anzunehmen.
Spiralphase 7: Aktivität
Durch die Annahme des Problems werden im Menschen Kräfte frei, die bisher in
Leugnung, Aggression, Verhandlung und Depression zum Ausdruck kamen. Der
Betroffene lernt nun, mit seiner speziellen Situation zu leben; er versucht, das
Beste daraus zu machen. Er muß erkennen, daß sein Problem ein lebenslängliches
Problem ist, das nicht im eigentlichen Sinne zu lösen ist, sondern mit dem er zu
leben lernen muß.
Spiralphase 8: Solidarität
Nachdem der Betroffene die Spiralphasen durchlebt hat, kommt es bei
entsprechender Prozeßbegleitung zu der Bereitschaft, gesellschaftlich tätig zu
werden, um als Gruppe etwas zu erreichen. Dieses gemeinsame Handeln zeigt, daß
die Krisenverarbeitung erfolgreich war; allerdings wird diese Stufe nur von
wenigen erreicht. Im Spiralphasenmodell ist die Solidartät
die letzte Stufe des Lenprozesses Krisenverarbeitung. Es ist wichtig für den
Einzelnen zu erkennen, daß man nicht im Widerstand zu dem Problem leben soll,
sondern in der Zustimmung und Annahme. Dies kann vom Einzelnen als Glück bzw.
Sinn erlebt werden.