Förderschwerpunkt

 

Emotionalität

 

 

1. Begriff

 

Emotion:                    umfasst alle gefühlshaften Erscheinungsweisen wie Stimmun-
            gen, Erregungen, Affekte sowie Gemütserlebnisse

Emotionalität             Gefühlsbetontheit, seelische Erregbarkeit, Gemütsbewegung

 

Allgemeine und umfassende Bezeichnung für psychophysiologische Zustands­veränderungen, ausgelöst durch äußere Reize (Sinnesempfindungen), innere Reize (Körperempfindungen) und/oder kognitive Prozesse (Bewertungen, Vorstellungen, Erwartungen) im Situationsbezug.

Emotionale Reaktionen gehen mit verdeckt ablaufenden autonomen, neuro­humoralen, zentralnervösen und neuromuskulären Veränderungen einher, die zu­sammenfassend als emotionale Erregung bezeichnet werden.

Man unterscheidet zwischen Affekten und Stimmungen.

 

Affekte:

·        intensive, kurzzeitige Gefühle mit desorganisierenden bzw. einengenden Wirkungen auf Erleben und Verhalten (z.B. Freudentaumel, Angst-, Wut-, Panikanfall)

 

Stimmungen:

·        längerfristige Erlebnisstörungen ohne klaren Reiz-, Situations-, Tätigkeits- oder Bedürfnisbezug (z.B. freudige Erregung, Manie, Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit, Depression)

 

 

Emotionen bestehen wesentlich aus drei Elementen:

 

1.      neurale Prozesse umfassen die psychophysiologischen Erregungspotentiale der Nervenbahnen, die während des Gefühlserlebens zu messen sind

2.      motorisch-expressive Prozesse bezeichnen die mimisch-gestischen Ausdrucks­formen einer Emotion

3.      psychische Prozesse sind das subjektive Erleben eines Gefühls

 

 

Grundlage ist die Selbstwahrnehmung, das Erkennen eines Gefühls, während es auftritt. Darauf baut die Fähigkeit auf, Gefühle so zu handhaben, dass sie angemessen sind.

Emotionen in die Tat umzusetzen, in den Dienst eines Ziels zu stellen, ist wesentlich für unsere Aufmerksamkeit, Selbstmotivation, Könnerschaft und Kreativität.

 

Emotionen wahrnehmen:

Das Beobachten von Gefühlen anderer Menschen und Personen (Mimik, Gestik... ) lässt die eigenen Gefühle wiedererkennen. Ihre eigenen emotionalen Schemata werden so gestärkt und bewusst gemacht.

 

Emotionen äußern:

Gefühle zu äußern bzw. anderen mitzuteilen ist von großer Bedeutung. Schüler sollen wissen, dass sie dafür nicht ausgelacht werden und sie akzeptiert werden.

 

 

Emotionen steuern:

Das Steuern der Emotionen ist eine schwierige Aufgabe (für alle Menschen). Die Gefühlssteuerung setzt voraus, dass die Schüler sich ihres eigenen Verhaltens bewusst werden, die Interessen anderer Menschen erkennen und akzeptieren und über entsprechende Kompetenzen der Verhaltenskontrolle verfügen.

 

 

2. Teilkompetenzen

 

2.1 Antrieb

·        wechselseitige Beeinflussung von aktuellen Bedürfnissen (Müdigkeit, Stress, Stimmung) und situationsimmanenten Anregern (schönes Wetter)

 

2.2 Frustrationstoleranz (Umgang mit Emotionen)

·        Frustrationstoleranz und Zügelung des Zorns verbessert

·        besser imstande, Emotionen angemessen auszudrücken

·        geringere Aggressivität

 

2.3 Stabilität

·        mehr positive Ansichten über sich selbst, die Schule und Familie

·        weniger verbale Demütigungen, Kämpfe und Unterrichtsstörungen

·        Stressbewältigung

·        weniger Einsamkeit und soziale Angst

 

2.4 Empathie (Deuten von Emotionen)

·        besser imstande, sich in einen anderen hineinzuversetzen

·        erhöhte Empathie und besseres Gespür für die Gefühle anderer

·        anderen zuhören können

 

2.5 Reversibilität

·        Gefühlserlebnisse haben wiederkehrende Formen

 

2.6 Selbst- und Fremdwahrnehmung

·        Erkennen und Benennen der eigenen Emotionen

·        Verstehen von Ursachen von Gefühlen

·        Fähigkeit, Beziehungen zu analysieren und zu verstehen

·        Lösen von Konflikten und Beilegen von Streitigkeiten

·        Lösen von Problemen in Beziehungen

 

2.7 Urteilsfähigkeit

·        Erkennen des Unterschiedes zwischen Gefühlen und Taten

 

2.8 Affektstabilität und Affektkontrolle (Emotionen produktiv nutzen)

·        verantwortungsbewusst

·        Aufmerksamkeit und Konzentration auf vorliegende Aufgaben gerichtet

·        weniger impulsiv, mehr Selbstbeherrschung

 

2.9 Ausdrucksmöglichkeiten

·        selbstsicher und gewandt in der Kommunikation

·        beliebt und offen; freundlich und teilnahmsvoll anderen gegenüber

 

 

3. Emotionale Entwicklung

 

Allgemein zur emotionalen Entwicklung bei Kindern / Jugendlichen mit geistiger Behinderung:

·        emotionaler Entwicklungsprozess verläuft nicht synchron mit dem intellektuellen Entwicklungsprozess

·        emotionale Entwicklung wird entscheidend durch individuelle Sozialisation beeinflusst

·        emotionales Verhalten / emotionale Entwicklung ist abhängig vom Modellver­halten der Umwelt des Kindes

·        unterschiedliche Verursachung der geistigen Behinderung hat Einfluss auf emo­tionale Entwicklung

 

Verschiedene Ebenen der Emotionalität/Kriterien zur Beobachtung der emotionalen Entwicklung:

·        Sensibilität:                                 Ansprechbarkeit

·        Gefühlsdifferenziertheit: Einfühlsamkeit, extreme Pole, Vitalgefühle

·        Gefühlsstabilität:             Selbstwertgefühl, Grundstimmung

·        Steuerung der Gefühle: Gefühle wahrnehmen, bewusst machen,
                                                     ausdrücken

 

Entwicklung der Emotionen:

·        Gefühle sind gebunden an zwischenmenschliche Beziehungen oder sind als Vitalgefühle im Zusammenhang mit folgenden Erfahrungen: Sattsein, Hunger zu erleben etc.

·        zunächst erleben die Kinder in der Wahrnehmung unterschiedlicher Ausprägungen von Gefühlen wahrscheinlich nur 2 Dimensionen: Erlebnisse werden als lustvoll, angenehm, sicher oder als schmerzhaft, unangenehm, Unsicherheit erzeugend erfahren (2 extreme Pole der Gefühlswahrnehmung)

·        symbiotische Phase: 0;1-0;4/5 werden die Grundlagen für die Ausprägung des Urvertrauens / basalen Sicherheitsgefühls und für spätere emotional-kommunikative Fähigkeiten gelegt (in Abhängigkeit von Beziehung zur Mutter als Bezugsperson)

·        Phase der Loslösung: 4./5. Monat Þ es entstehen gefühlshaft getönte Vorstellungen über sich selbst und die wichtigsten Bezugspersonen

·        im Laufe der Entwicklung differenziert sich die Gefühlswahrnehmung immer mehr aus

·        sprachliches Benennen von emotionalen Zuständen kann erst eintreten, wenn das Kind Vorstellungen von den Gefühlen entwickelt hat

 

Nach HARRIS (1992) entwickelt sich die emotionale Kompetenz des Kindes in fünf entwicklungsmäßig aufeinanderfolgenden Lernbereichen:

 

1. Das Erkennen eigener Gefühle:

Selbstaufmerksam gegenüber eigenen Gefühlen sein, sich dem eigenen Erleben zuwenden, Ursachen und Folgen von Gefühlen kennen sowie deren körperliche Begleitzustände wahrnehmen.

 

2. Gefühle bei anderen Erkennen:

Gefühle anderer wahrnehmen, den Ausdruck anderer erkennen und sich gedanklich in andere hineinversetzen.

 

3. Artikulation der eigenen Gefühle:

Eigene Gefühle zum Ausdruck bringen, situationsangemessen regulieren und auf dasselbe Ereignis differenziert mehrere, auch widersprüchliche Gefühle wahrnehmen und tolerieren (z.B. das gleichzeitige Vorhandensein von Trauer und Freude).

 

4. Das Kommunizieren über Gefühle:

Über Gefühle mit anderen kommunizieren, dabei differenziert emotions­beschreibende Begriffe verwenden; gegenüber anderen positive Gefühle und Zuwendung ausdrücken.

 

5. Die emotionale Selbstkontrolle:

Selbstkontrolle bei der Bewältigung von Gefühlen zeigen, belastende Gefühle überwinden, dabei unterstützende Ressourcen aktualisieren.

 

 

 

 


 

4. Fachrichtungsspezifische Aspekte

 

 

 

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keine allgemeingültigen Aussagen für Geistigbehinderte möglich

„...da es das geistigbehinderte Kind, den geistigbehinderten Jugendlichen, den geistigbehinderten Menschen nicht gibt.“ (Miessler /Bauer 1986, S. 64)

 

 

Bei GB: weniger ausdifferenzierte Psychomotorik und psychische Strukturen è häufig ausgeprägte Stimmungsveränderungen und „Affektdurchbrüche“ von großer Intensität. 

è unzureichend ausgeprägte Kontrolle von Emotionen è erhebliche kognitive Leistung notwendig (Reflexionsfähigkeit über die eigenen Gefühle und Handlungen. (unveröffentlichte SH 1997)

Entwicklungsalter/ Entwicklungsstand für jeden Schüler individuell ermitteln

è gibt tendenzielle Hinweise über emotionale Entwicklung.

 

(Miessler / Bauer 1986, S. 65)

Faktoren für die Ausdifferenzierung des emotionalen Systems

·        Grad der geistigen Behinderung

·        Grad der Reflexionsfähigkeit über sich selbst (Selbstbewusstsein)

·        Differenziertheit der Wahrnehmung

·        soziale Integration in Familie, Freundschaften usw.

·        motorische Ausdrucksfähigkeit

·        dispositionelle Persönlichkeitsfaktoren (Neigung zu best. Gefühlen in best. Situationen)

 

 


 

5. Lernziele im emotionalen Bereich

 

Mögliche Umschreibungen für Lernziele im emotionalen Bereich:

1. Ich erkenne meine Gefühle.

2. Ich kann meine Gefühle mitteilen.

3. Ich kann mit belastenden Gefühlen umgehen.

4. Ich kann mit positiven Gefühlen umgehen.

5. Ich kann die Gefühle anderer verstehen und mit ihnen umgehen.

 

Alle fünf Lernziele sind sehr global und umfassend. Der Pädagoge muss sie im Hinblick auf seine Gruppe und im Hinblick auf den einzelnen Schüler sowohl nach der inhaltlichen als auch nach der Verhaltenskomponente aufschlüsseln. In unseren nachfolgenden Aussagen zu den einzelnen Lernzielen sind Beispiele für diese Aufschlüsselung angeführt, die für die konkrete Situation einer weiteren Ausdifferenzierung bedürfen.

 

Lernziel 1: Ich erkenne meine Gefühle

 

Die nachfolgenden Beispiele zeigen eine Möglichkeit für die Aufschlüsselung der Verhaltenskomponente ,,erkennen", nämlich das Erkennen eines Gefühls in der aktuellen Situation (Ich weiß, dass ich jetzt wütend bin). Weitere Beispiele für das Aufschlüsseln der Verhaltenskomponente wären das Mitschwingen, das Miterleben, das sich Erinnern. Für die Aufschlüsselung der Inhaltskomponente stehen beispielhaft neun unterschiedliche Emotionen, die sich deutlich voneinander abheben; Abstufungen fehlen. Dies wurde mit Bedacht gemacht, damit der geistigbehinderte Schüler im Erkennen seiner Gefühle Sicherheit erlangt.

·        Ich weiß, dass ich mich jetzt freue.

·        Ich weiß, dass ich jetzt traurig bin.

·        Ich weiß, dass ich jetzt wütend bin.

·        Ich weiß, dass ich jetzt enttäuscht bin.

·        Ich weiß, dass mir jetzt langweilig ist.

·        Ich weiß, dass ich jetzt unentschlossen bin.

·        Ich weiß, dass ich jetzt unsicher bin.

·        Ich weiß, dass ich jetzt Angst habe.

·        Ich weiß, dass ich jetzt aufgeregt bin.

Es wird sicher schwierig, zum Teil sogar unmöglich sein, diese Lernziele durch direkte methodisch didaktische Maßnahmen ,,anzugehen“. Vielmehr sollte der Pädagoge seine Schüler und ihr Verhalten genau beobachten, von beobachtbaren Gefühlsäußerungen auf die Gefühle der Schüler rückschließen und sie zunächst stellvertretend für die Schüler identifizieren. Im einzelnen kann dies heißen:

Er spiegelt den Schülern, meist dem einzelnen Schüler, das Gefühl wider, das er im Augenblick bei ihnen bzw. bei ihm wahrnimmt.

 

Beispiel:

Der Einsatz von Gefühlskarten', um den Schülern sich des augenblicklichen Gefühls bewusst zu werden und ihm/ ihr so eine Stütze zu geben aus dieser Stimmungslage herauszufinden.

 


 

Lernziel 2: Ich kann meine Gefühle mitteilen

 

Auch zu diesem Lernziel sollen einige Einzelziele das gemeinte er-

läutern:

-         Ich zeige mit meinem Gesicht wie ich mich fühle.

-         Ich zeige durch meinen Körper, wie ich mich fühle.

-         Ich sage, was ich fühle und wie ich mich fühle.

-         Ich teile mit meiner Sprache und mit meinem Körper das gleiche Gefühl mit.

Gerade das letzte Einzelziel, mittels der Sprache und des Körpers das gleiche Gefühl auszudrücken, kann, insbesondere, wenn es sich um negative und um Ableh­nungsgefühle handelt, Probleme bereiten.

 

Beim 1. Lernziel ist die Möglichkeit, es mit methodisch-didaktischen Maßnahmen direkt zu realisieren, recht eingeschränkt.

Beim 2. Lernziel stehen dem Pädagogen durchaus Maßnahmen zur Verfügung, z.B.:

-         Aufzeigen der Möglichkeiten und der Wirkung der Körpersprache

-         Anbieten von Sprachmustern für Schüler, die über aktive Sprache verfügen Als Übungsmöglichkeiten sowohl für die aktive als auch für die Körpersprache bieten sich unter anderem an:

-         Pantomime, szenische Darstellung, Rollenspiel

-         Arbeit mit Medien wie Photos Bilder, Bilderreihen (Bildergeschichten), Videoaufnahmen Filme, Bilderbücher

Dabei darf die Arbeit am Gefühlsausdruck sich nicht verselbständigen und sich damit loslösen vom Erleben und Erkennen von Gefühlen; positiv formuliert: Gefühle. an deren Ausdruck wir arbeiten, müssen erlebte Gefühle sein.

 

Lernziel 3: Ich kann mit belastenden Gefühlen umgehen

 

Hier könnten, je nach der Reifung der Schüler, folgende Einzelziele notwendig werden:

-         Ich darf schlimme, böse Gefühle haben.

-         Ich weiß, dass alle Menschen manchmal ,,schlimme", ,böse Gefühle haben.

-         Ich weiß, dass ,,böse" Gefühle auch wieder vergehen.

-         Ich weiß, was ich tun kann, damit ,,böse" Gefühle schneller ver­gehen.

-         Ich kann meine ,,schlimmen", ,,bösen" Gefühle so zeigen und mit­teilen, dass mich die anderen verstehen und akzeptieren.

-         Ich kann mich trotz meiner ,,schlimmen", ,,bösen" Gefühle so verhalten, dass kein zusätzlicher Ärger entsteht.

Negative Gefühle des Einzelnen können sowohl die Person selbst als auch die Gruppe stark belasten. Der Pädagoge wird deshalb nach Wegen suchen, dem Schüler zu helfen, sowohl in der aktuellen Situation mit diesem Gefühl fertig zu werden, als auch dem Schüler ,,Verhaltenstechniken" an die Hand zu geben, die es ihm ermöglichen negative Gefühle selbständig zu bewältigen.

Manchmal hilft es, wenn der Pädagoge das belastende Gefühl anspricht. Voraussetzung dabei ist, dass der Pädagoge um die Persönlichkeit des Kindes oder des Jugendlichen weiß; denn das Ansprechen belastender Gefühle kann unter Umständen bewirken, dass der Betreffende nur noch tiefer in dieses Gefühl abgleitet, in ihm verhaftet bleibt und für eine längere Zeit nicht mehr herausfindet.

Ab einem bestimmten Alter und bei entsprechendem Sprachverständnis kann ein klärendes  Gespräch zur Bewältigung belastender Gefühle und zum adäquaten Umgang mit ihnen beitragen. Die Prinzipien der Gesprächstherapie nach ROGERS sind dabei hilfreich.

Der Pädagoge sollte dem Schüler helfen, belastende Gefühle in akzeptabler Form auszudrücken. Diese muss individuell für jeden Schüler und seine Möglichkeiten gefunden werden. Ihre Vermittlung und die Hinführung können nur in einer schrittweisen Annäherung er­reicht werden.

Manchmal lassen sich Ärger. Wut. Enttäuschung, Sauer-Sein bewältigen durch die aktive Suche nach Alternativmöglichkeiten.

            Daneben muss der Schüler aber auch lernen, Enttäuschungen auszuhalten und zu ertragen. Auch hier ist die genaue Kenntnis der individuellen Situation jedes einzelnen Schülers maßgebend für die Entscheidung wie viel an Frustration ihm zuzumuten ist. Eine sukzessive Erweiterung der Frustrationstoleranzspanne wird der Pädagoge dabei immer im Auge behalten.

Kinder und Jugendliche müssen auch erleben dass sich belastende Gefühle manchmal auflösen lassen durch Handeln dass zum Beispiel Schuldgefühle leichter werden durch eine bewusst ausgedrückte und vorbehaltlos angenommene Entschuldigung oder durch ein Wiedergutmachen eines verursachten Schadens. Handlungstechniken dafür muss der Pädagoge den Kindern und Jugendlichen vermitteln.

 

Lernziel 4: Ich kann mit positiven Gefühlen umgehen

 

Dieses Lernziel erscheint uns für geistigbehinderte Kinder und Jugendliche wichtig, weil die Erfahrung zeigt, dass manche von ihnen hier Probleme haben. Sie erklären z.B. auch eine fremde Person, die sie gerade kennengelernt haben, zu ihrem Freund und erweisen ihr Zärtlichkeiten. Die Zurückweisung ihrer Zärtlichkeiten verletzt sie. Als Heranwachsende vermögen manche von ihnen ihre Zuneigung nur durch Körpersprache auszudrücken wie z. B. durch Streicheln, Umarmen, Küssen. Dieses Suchen nach körperlicher Nähe wird jüngeren Kindern erlaubt, ja sogar bei ihnen gefördert. Bei Jugendlichen und Erwachsenen erweckt dieses Verhalten in unserem Kulturkreis Befremden und Ablehnung.

Dabei wird jedoch übersehen, dass für Geistigbehinderte vor allem wenn sie nur ungenügend oder gar nicht über Sprache verfügen dies der einzige Weg ist ihre Zuneigung auszudrücken. Hinzu kommt, dass geistigbehinderte Menschen ihre Gefühle häufig spontan und unvermittelt ausdrücken. Sie verfügen nicht über das Regulativ das Erwachsene unseres Kulturkreises im Verlauf ihrer Entwicklung erwerben mussten. Dass dieses Faktum kultur- und zeitabhängig ist, zeigt das Verhalten der jüngeren Generation, die ihre Gefühle stärker durch Körpersprache mitteilt.

Aus dem eben gesagten lassen sich zumindest drei Einzelziele ableiten:

1. Ich habe nicht alle Menschen die ich kenne gleich gern.

2. Ich kann zärtliche liebevolle Gefühle auf verschiedene Weise ausdrucken.

3. Ich weiß zu wem ich in welcher Form zärtlich sein kann.

 

Ein Beispiel zur Umsetzung wären die Interaktionsspiele von VOPEL (1976> 1978).

 


 

Lernziel 5: Ich kann die Gefühle anderer verstehen und mit ihnen umgehen

 

Zu diesem relativ hohen Lernziel lassen sich unter anderem folgende Einzelziele nennen:

-         Ich verstehe es wenn jemand mir sagt, er ist traurig (fröhlich> wütend> enttäuscht usw.).

-         Ich erkenne, dass jemand traurig (fröhlich wütend enttäuscht usw.) ist, ohne dass er es mir sagen muss.

-         Ich kann jemanden trösten.

-         Ich erkenne wann es besser ist jemanden in Ruhe zu lassen.

-         Ich kann jemanden aufmuntern.

-         Ich kann mich mitfreuen.

Sicher lassen sich hier weitere Ziele finden. Immer wird es darum gehen den Gefühlsausdruck eines anderen Menschen wahrzunehmen seinen Inhalt zu identifizieren und ihn eventuell zu versprachlichen.

 

 

5. Literatur

 

GOLEMANN, D. (1995): EQ - Emotionale Intelligenz. München: Hanser.

 

HARRIS, F.L. (1992): „Das Kind und die Gefühle. Wie sich das Verständnis für die anderen Menschen entwickelt. Huber.

 

HEIMLICH, R. (1988): Soziales und emotionales Lernen in der Schule. Basel: Weinheim.

 

SCHMIDT-ATZERT, L. (1996): Lehrbuch der Emotionspsychologie. Kohlhammer.

 

SCHULZ VON THUN, F. (1998): Miteinander reden 3 - Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation. Reinbek: rororo Sachbuch.